Petruschka ist eine Künstlerseele – geboren in Bonn, lebt in Köln, aber auf vielen Tanzbühnen weltweit zu Hause. Sie ist studierte Tänzerin, Choreografin,Tanz- und Sozialpädagogin. Petruschka liebt klassische Musik und lebt ihre soziale Ader aktiv aus: Andere dabei unterstützen, sich größer zu fühlen, gelingt ihr als Pilates-Lehrerin, aber auch als Mensch. Mehr spannende Dinge über Petruschka erfährst du im Interview mit ihr.

Wer ist Petruschka? Erzähl uns bitte etwas über dich.

Ich komme aus dem Tanz – das erzähle ich so gut wie immer, wenn ich mich in meinen Pilates-Stunden vorstelle. So wissen die Teilnehmer:innen sofort, warum mein Unterricht eventuell etwas anders ist als das, was sie sonst kennen. Meine Ausbildung zur Tanzpädagogin, Bühnentänzerin und Choreografin absolvierte ich in Hamburg.

Ich hatte im Anschluss an mein Studium das große Glück, direkt ein Engagement in München für das Stück „Cotton Club“ zu bekommen. Danach ging es nahtlos weiter mit Engagements, Auftritten, für die ich rund um die Welt gereist bin. Zwischendurch erfüllte ich mir noch einen kleinen Wunsch und ging für drei Monate nach Paris. Dort besuchte ich die Pantomime-Schule von Marcel Marceau und lernte somit einen anderen Bewegungs-Ansatz.

Die beste Schule war allerdings die: Über eineinhalb Jahre jeden Abend dasselbe Stück auf der Bühne zu tanzen. Das ist schön, aber auch anstrengend. Jeden Abend zu funktionieren, egal wie es mir geht, ist eine harte, dennoch sehr starke Übung. Noch heute profitiere ich täglich in meinem Unterricht davon.

Nach zehn Jahren Erfahrung im Theater, auf der Bühne oder auf Tourneen, entschloss ich mich als freie Tänzerin für verschiedene Künstleragenturen zu arbeiten. In dieser Zeit entwickelte ich mit einer Kollegin das Projekt „Architektanz“ – eine Performance (synchrone Bewegungen meistens in Zeitlupe) in und an Fassaden von Gebäuden, Räumen sowie Museen. Also da, wo die Architektur oder die ausstellenden Künstler:innen im Vordergrund stehen sollte, nicht die Tänzer:innen. Beim Projekt ging es mir in erster Linie um Raum und um Wahrnehmung. Es ging mir aber auch darum, durch oftmals nicht angekündigte Auftritte, die Erwartungshaltung der Zuschauer:innen zu durchbrechen. Das ist beim Theater natürlich anders.

Was treibt dich im Leben an?

Schon als Kind mochte ich Bewegung, Sport, Leichtathletik, aber auch Musik sehr: Mit Kunstturnen am Schwebebalken und Turnen in der Grundschule ging es los. Auf dem Schulweg bin ich immer mit einer Freundin an einer Ballett-Schule vorbeigelaufen, in der klassische Musik lief. Da wollte ich auf jeden Fall hin. Nicht wegen der schicken Tutus, sondern wegen der Musik. So begann ich klassisches Ballett zu tanzen. Später kam dann Jazz, Modern und Hiphop dazu. Sport und Bewegung war und ist für mich ein Ventil, mich auszupowern.

Mit 19 Jahren habe ich ein Stipendium bei Gus Giordano Dance School in Chicago gewonnen. Giordano hat mich bei einem Workshop in Köln entdeckt und nach Chicago eingeladen. Ein halbes Jahr später kam ich mit einer geballten Ladung an neuen Bewegungen nach Deutschland zurück.

Und noch etwas macht mich aus: meine soziale Ader. In Troisdorf habe ich Sozialpädagogik studiert. Später habe ich zum Beispiel mit elternlosen Kindern oder schwer erziehbaren Jugendlichen zusammengearbeitet. Ich mochte ihre Echtheit.

Für eineinhalb Jahre arbeitete ich unter anderem beim Projekt „Planet Kultur“. Der Kölner Verein, der es betreut, unterstützt Jugendliche und bereitet sie zum Beispiel auf ihren Schulabschluss und ihr Berufsleben vor. Neben Deutsch und Mathematik wurde (wird) dort auch Tanz, Gesang und Schauspiel unterrichtet. Eine echt schöne Sache. Heute kann ich sagen, dass mir karitative Projekte sowie der Kontakt mit Jugendlichen immer wichtig war. Sie haben mir eben dabei geholfen, auf dem Teppich zu bleiben.

In Bonn geboren, aber auf den Tanzbühnen der Welt zu Haus. Hier tanzt Petruschka in Singapur zusammen mit ihrer kleinen Tochter.

Welche Hobbys gehören noch zu dir?

Ich liebe Musik, vor allem klassische. Sie erzählt Geschichten ohne Worte. Besonders wenn ich im Zug sitze, läuft sehr oft Musik über meine Kopfhörer. Dann schaue ich mir die vorbeiziehenden Landschaften mit anderen Augen an. Ich liebe Musik verschiedenster Art. Sie kann mich durch den Tag tragen, auch wenn es nicht so gut läuft. Ich kann mich hineinbegeben, ausflippen, traurig, melancholisch oder albern sein – alles ist möglich. Wahrscheinlich habe ich mir auch aus diesem Grund als 10-Jährige das Klavier als Musik-Instrument ausgesucht. Das spiele ich am liebsten nur für mich alleine, ohne Vorführeffekt.

Ein anderes Hobby von mir ist, Collagen zu kreieren. Wieder eine Art Raumflucht, um in eigene Welten zu tauchen. Mit viel Geduld, Schere, Pinzette, Klebestift und Papier erschaffe ich ganz analog fiktive Welten aus Materialien. Wie ein Puzzle, das sich Stück für Stück ineinander fügt, bis ein ganzes Bild fertig ist. In den vergangenen zehn Jahren hatte ich sechs Ausstellungen. Die Arbeiten entstehen in meinem Atelier „Planet A 27“ in Ehrenfeld. Wer vorbeischauen möchte, ist immer herzlich willkommen.

Wie bist du auf Pilates gekommen? Warum Pilates und nicht Yoga?

Mit Pilates-Training habe ich unterstützend während meiner Ausbildung in Hamburg begonnen. Ich unterrichte diese Technik mittlerweile seit rund 12 Jahren, vorher habe ich es selbst für mich regelmäßig praktiziert.

Joseph Pilates entwickelte 1922 diese wunderbare Technik. Beim Training werden die feinsten Muskeln mit geführter Atmung gestärkt. Pilates und Tanzen ergänzen sich also gegenseitig perfekt. Wie beim Tanzen gehe ich beim Pilates auch in die Aufrichtung, in die Länge.

Das ist es, was ich mir in meinen Unterricht immer wünsche: Dass die Teilnehmer:innen sich nach meiner Stunde etwas größer und gestärkt fühlen. Denn über die Länge gehen wir in die Kraft und können so beispielsweise die Bauchmuskulatur stärken. Sie wiederum benötigen wir für eine stabile Wirbelsäule.

Warum lieber Pilates? Beim Pilates kann ich meine Bandbreite an Bewegungs-Studium einfließen lassen. Durch die eigene Erfahrung hatte ich schon beim ersten Training ein Aha-Effekt und sofort gemerkt, wie wundervoll es sich anfühlt, die Bewegungen (Flows) ineinander übergehen zu lassen. Somit können sich die Teilnehmer:innen auf einen authentischen, kraftvollen, geführten Unterricht bei mir freuen.

Was erwartet die Teilnehmer:innen bei Shine! Yoga, wenn sie zu deiner Pilates-Stunde kommen?

Als Musikfan arbeite ich gerne mit einer Art Klangteppich, die die Bewegung begleitet. Stille können nicht alle Menschen gut aushalten, oder? Was nicht bedeutet, dass es auch mal sein kann, dass es eine Stunde ohne Musik gibt. Mein Lieblings-Hilfsmittel ist der weiche Pilates-Ball oder Bänder. Wie bei meinen Collage-Bildern, ziehe ich vor einer Stunde ein Thema aus der Schublade heraus, wie etwa: Platz zwischen den einzelnen Wirbeln schaffen. Ein anderes Mal ist der Schwerpunkt die Halswirbelsäule, ein weiteres Mal der unterste Rücken. Die Übungen gehen ineinander über, es sind fließende Bewegungen. Die Teilnehmer:innen sollen den Fokus auf sich legen – ohne Vergleiche und ohne zu übertreiben. Trotzdem können sie natürlich versuchen, an ihre eigenen Grenzen zu kommen und die Intensität der einzelnen Übungen zu spüren. Wir sind alle unterschiedlich und das ist gut so – erwähne ich gern.

In meinem Pilates-Unterricht erkläre ich gern viel, und vor allem, bildhaft. Wie zum Beispiel das Bild des neugierigen Vogels oder die Fäden, die den Körper in sämtliche Richtungen ziehen lassen. Ich habe den Anspruch, dass die Menschen nachvollziehen sollen, was sie gerade machen. Und ich persönlich möchte dabei menschlich bleiben. Ich bin kein Automat, der nur die Kommandos erteilt.

Meine Tanz- und Bewegungs-Erfahrung über die Jahre hinweg macht es mir möglich, spontan zu reagieren, sogar ab und zu ganz intuitiv neue Übungen zu kreieren.

Was ist dir persönlich beim Pilates wichtig? Worauf achtest du?

Egal, woher du gerade kommst, egal wer du bist oder welchen Beruf du ausübst, ist mir das wichtig: Dass du deine Aufmerksamkeit und deine Atmung in deinen Körper schickst und bei dir ankommst. Je bewusster die Bewegung, um so größer die Chance, dass du am Ende der Stunde das Gefühl hast, gewachsen zu sein.

Manchmal trauen sich die Menschen bei bestimmten Übungen nicht und reden sich gern aus. Mal ist die Klamotte, mal die Figur daran schuld, etwas nicht ausprobieren zu wollen. Kann ich das auch? Bin ich nicht zu kräftig dafür? Das fragen sie mich dann. Und ich antworte ihnen: Nutze einfach die Stunde FÜR DICH – dafür, um etwas für DEINEN Körper zu tun.

Und zu guter Letzt: Gibt es noch etwas, was du erzählen möchtest?

Ich bin sehr dankbar und glücklich, dass ich eine feinfühlige, empathische und wundervolle Tochter habe. Generell bin ich ein dankbarer Mensch – wollte nie berühmt oder reich werden. Ich habe eher die Anbindung zu den Menschen gesucht. Auf dem Teppich bleiben. Bescheiden sein, so wie meine Großeltern es einst zu mir sagten.

Herzlichen Dank für deine offenen Worte, liebe Petruschka.

Ein Interview von Ivelina Entcheva I freiberufliche Texterin I textheldinivelina.de