Trotz der friedvollen und egalitären Ausrichtung der Yoga-Philosophie waren Frauen in der Yoga-Tradition den Männern nicht gleichgestellt. Heute wird Yoga eher als „Frauendomäne“ wahrgenommen. Wir möchten drei herausragende Yoga-Meisterinnen vorstellen, die für diese Entwicklung maßgeblich beigetragen haben.

Geschichte der Frauen im Yoga

Die ersten Quellen für yogische Texte gehen in Indien auf das Jahr 2.500 vor Christus zurück. Vermutlich ist die Tradition noch älter, wie alt, kann man heute nicht mehr nachvollziehen. Das damalige Zeitalter nennt man das vedische Zeitalter, was Bezug nimmt auf die ersten hinduistischen Texte, die Veda heißen. Es gibt Vermutungen, dass Frauen zu vedischen Zeiten den Männern gleichgestellt waren und ein Verbot von Frauen im Yoga erst im 5. Jhd. v. Chr. durchgesetzt wurde. Dies ist allerdings umstritten. Viele Historiker gehen davon aus, dass Frauen vom Studium religiöser Texte und den spirituellen Praktiken bis hinein ins 20. Jahrhundert komplett ausgeschlossen waren.
Es bedurfte großer Anstrengungen von einzelnen Frauen, mit diesen Regeln zu brechen.
Eine Person ist für uns dabei besonders wichtig. Sie heißt Indra Devi.

Indra Devi – die „First Lady des Yoga“

Indra Devi wurde als Eugene Peterson 1899 in Riga geboren. Nach der Oktoberrevolution in Russland floh sie 1917 über Polen nach Berlin, wo sie ab 1921 mit Schauspielerei Geld verdiente. 1927 bekam sie einen Heiratsantrag, den sie allerdings nach ihrem ersten dreimonatigen Indienaufenthalt ablehnte, mit der Begründung, dass sie in Indien ihre Zukunft sah.

Sie verkaufte ihren Schmuck und ihre Pelze und kehrte mit dem Erlös nach Indien zurück. Dort erarbeitete sie sich unter dem Künstlernamen Indra Devi als Schauspielerin und Tänzerin einen gewissen Grad an Bekanntheit. Sie wurde als Newcomerin des indischen Films gehandelt.

Als Dame der Gesellschaft hatte sie Kontakt mit vielen Menschen aus unterschiedlichen Kasten, was damals nicht der Norm entsprach. Unter ihren Bekannten befanden sich auch Größen wie Mahatma Gandhi.

Sie erkrankte allerdings trotz ihrer Geselligkeit an einem Herzleiden, für das sich lange Zeit keine Heilung finden ließ. Ein Freund brachte sie mit dem Yoga Guru Krishnamacharya in Kontakt, den sie bat, sie in Yoga zu unterrichten. Dieser weigerte sich zunächst mit der Begründung, dass sie erstens eine Frau und zweitens eine Westlerin sei. Doch nach einiger Zeit gab er nach und er nahm sie als seine Schülerin auf. Sie arbeitete hart und diszipliniert an ihrer Yogapraxis und wurde dank ihrer Hingabe bald von Krishnamacharya als Privatschülerin aufgenommen. Durch die stringente Einhaltung der Yoga-Prinzipien wurde ihre Herzkrankheit vollständig geheilt.

Nach Jahren des Studiums unter Krishnamacharya war sie die erste Westlerin, die in Indien ein Buch veröffentlichte. Auch war sie die erste Westlerin, die in Indien Yoga unterrichtete.

In den späten 40er Jahren ging Indra Devi nach Kalifornien, wo sie in Hollywood ein Yogastudio eröffnete. Sie unterrichtete unter anderem Greta Garbo und verhalf Yoga auch im Westen zu Bekanntheit mit dem Ruf, einer guten Praktik auf dem Weg zur Selbstverwirklichung zu sein. Sie veröffentlichte zwei weitere Bücher, die bald zu Bestsellern wurden und in 29 Ländern auf 10 unterschiedlichen Sprachen erhältlich waren.

Als Pionierin des Yoga in der westlichen Welt und als erste einflussreiche Frau im Yoga der Neuzeit wurde sie zum Sprachrohr und beliebte Autorin und Rednerin in Rundfunk, Radio und auf Veranstaltungen. Sie bewirkte unter anderem, dass der Bann von Yoga in der Sowjetunion aufgehoben wurde, indem sie die Regierung überzeugen konnte, dass Yoga keine Religion ist.

Indra Devi starb mit 103 Jahren in Argentinien. Sie hinterließ uns einen lehrreichen Kanon an Büchern, Schriftstücken und auch Audioaufnahmen. Sie bleibt im Gedächtnis als starke Frau, die nach den Prinzipien des Yoga lebte, ohne dabei Geschlechter- oder Ländergrenzen in Kauf zu nehmen.

Bekannte Werke von Indra Devi:

  • The Technique of Health and Happines
  • Forever Young, Forever Healthy – Yoga for Americans
  • Yoga leichtgemacht
  • Ein neues Leben durch Yoga
  • Yoga für Sie

Empfehlung aus unserem Kursprogramm:

Postnatal und Pränatal Yoga ist Yoga für starke Mütter und die, die es bald werden.

Frauen im Yoga sind heute normal

Heutzutage ist es normal, wenn man in Yogaklassen eine deutliche Mehrheit an Frauen sieht. In Deutschland etwa praktizieren ca. 6% aller Frauen zumindest gelegentlich Yoga, bei Männern ist der Anteil nur 1%. Diese Entwicklung, vom Ausschluss von Frauen im Yoga bis zur Aneignung der Yogapraxis durch Frauen, haben wir starken Frauen wie Indra Devi zu verdanken. Sie und anderen starke Persönlichkeiten schafften es, die Yoga-Philosphie und Ausübung für Frauen zu öffnen. Sie waren deshalb so einflussreich, weil sie kein zurückgezogenes Leben führten, sondern sich stets auch als Aktivistinnen für Gleichberechtigung, Frieden und bewusstes Leben und Auseinandersetzung mit dem Selbst einsetzten. Und sie haben beeindruckende Leistungen vorzuweisen. Wie etwa eine Schülerin von Indra Devi, der wir uns widmen wollen. Es handelt sich um Tao Porchon-Lynch.

Tao Porchon-Lynch – die älteste Yogalehrerin der Welt

Tao Porchon-Lynch ist nach dem Guinessbuch der Rekorde die älteste Yogalehrerin der Welt. Im Jahr 2017 wurde an ihrem 99sten Geburstag Yoga ausgeübt. Sie selbst unterrichtet wöchentlich noch fünf Klassen im Yoga und ist gelegentlich in ihrem Auto hinter dem Steuer anzufinden. Sie begann mit dem Unterrichten von Yoga zwar erst mit 45 Jahren, wird aber nach eigener Aussage weiter unterrichten „bis sie keinen Atem mehr (hat)“. Ihr Motto lautet: „There is nothing you cannot do“.

Sie wurde im Jahr 1918 in französisch-Indien als Frühgeburt geboren. Schon in ihrer Jugend führte sie aufgrund des Status ihrer Familie ein Leben in berühmter Gesellschaft. So war sie schon als 12-jährige mit Mahatma Gandhi bekannt gewesen und anderen Berühmtheiten aus der indischen Nationalbewegung. Sie beteiligte sich an der indischen Protestbewegung und war auf den gleichen Demonstrationen anwesend wie Gandhi. Auch später in ihrem Leben blieb sie politisch aktiv. So beteiligte sie sich an den Aktivitäten des Civil-Right-Movements in den USA und nahm an Kundgebungen und Demonstrationen mit, die der Bürgerrechtler Martin Luther King Jr. organisierte.

Schon mit acht Jahren begann sie Yoga auszuüben. Ihre Tante versuchte sie davon abzuhalten, da Yoga damals noch als reine Männertätigkeit galt. Doch sie ließ sich nicht abschrecken und begann als Kind mit ihrem Training.

Sie begann ihre Karriere als Schauspielerin, Tänzerin und Model in Europa, wanderte aber nach dem 2. Weltkrieg von London in die USA aus. Bis 1967 war sie hoch angesehene Schauspielerin in Hollywood. Danach beendete sie ihre Karriere in der Filmindustrie abrupt, da sie beschlossen hatte, „Full-time-Yogi“ zu werden.

Sie studierte unter anderem mit Indra Devi, mit der sie noch lange eine enge Kooperation verband. Beide waren politisch aktiv für die Friedensbewegung und bereisten deshalb viele Erdteile. 1976 war sie Mitgründerin der „Yoga Teacher Alliance“, heute als die „Yoga Teacher Association“ bekannt, eine der renommierten internationalen Yoga Verbänden.

In den frühen 80er Jahren gründete sie ihr eigenes Yoga-Institut, mit dem sie einige Berühmtheiten anzog. Das „Westchester Institute of Yoga“ existiert bis heute und Tao Porchon-Lynch ist bis heute dort Yogalehrerin.

Sie inspiriert uns bist heute mit ihrer Lebensfreude und ihrem politischen Willen die Umwelt positiv zu beeinflussen. Yoga ist für sie ein Weg für eine glückliche Lebensweise, für bewusstes Leben und nachhaltige Veränderung.

Bekannte Werke von Tao Porchon-Lynch:

  • Dancing Light: The Spiritual Side of Being Through the Eyes of a Modern Yoga Master (ihre Autobiographie)
  • Reflections. The Yogic Journey of Life, Second Edition
  • Weitere Infos und Videos auf ihrer Website

Empfehlung aus unserem Kursprogramm:

Yin Yoga ist der perfekte Start in das Wochenende und geeignet für alle Altersstufen.

Yoga als potenzielles Mittel zur Gleichberechtigung

Yoga gilt vielen als Philosophie des Respekts, des Friedens und auch der Gleichberechtigung. Einer der Grundgedanken des Yoga ist die vorurteilsfreie Beschäftigung mit dem eigenen Wesen. Dadurch wird versucht, die gesellschaftlich eingeprägten Vorstellungen von uns ruhen zu lassen und unserem wahren Wesen in all seinen Bedürfnissen näher zu kommen. Kontinuierliches Üben von Yoga führt außerdem zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der Umwelt. All dies könnte als gute Voraussetzungen gelten für die Stärkung von Frauen (und Männern) – in ihrem Selbstbewusstsein und in ihrer Selbstwahrnehmung. Auch kann Yoga so einen Beitrag leisten in der Diskussion um Selbstbestimmung von Mann und Frau gleichermaßen.

Durch die Öffnung von Yoga für Frauen und für westliche Einflüsse hat sich im letzten Jahrhundert viel getan. Es gibt mittlerweile Yoga für jeden Geschmack und jeden Gesundheitsstand. So gibt es auch Yoga ganz speziell für Frauen. Initiatorin eines solchen Stils ist Dinah Rodgrigues.

Dinah Rodrigues – Yoga als Heilmittel für Frauen

Dinah Rodgrigues gilt als die Initiatorin des Hormon-Yoga, eine besondere Therapieform, die speziell für Frauen und die Balance des Hormonhaushalts entwickelt wurde. Sie war eine Wegbereiterin des Yoga in Brasilien und ist mit ihrer neuen Yogaform international bekannt geworden. Sie hilft mit ihrer Methode Frauen in den Wechseljahren, Frauen, die nicht schwanger werden können und generell allen Frauen, die hormonelle Beschwerden haben.

Rodrigues ist Brasilianerin und widmet sich seit über 40 Jahren dem intensiven Studiums des Hatha Yoga. Inspiriert durch die positiven gesundheitlichen Auswirkungen einer regelmäßigen Yogapraxis entwickelte sie ihre eigene Methode des Hormon-Yogas. Damit schuf sie eine Alternative zur klassischen und schulmedizinischen Hormontherapie, was für viele Frauen eine enorme finanzielle und gesundheitliche Erleichterung darstellte.

Dinah Rodrigues ist Pionierin in Hinsicht auf die positiven gesundheitlichen Auswirkungen von Yoga auf den menschlichen Körper. Dadurch, dass ihre Methode Frauen das Kinderkriegen ermöglichen kann, die Leiden der Wechseljahre abfangen kann und das alles ohne künstliche Medikamente nehmen zu müssen, ist ein großer Schritt in Richtung Gleichberechtigung auf breiter gesellschaftlicher Ebene. Hormon-Yoga funktioniert allerdings nur, wenn es wirklich dauerhaft und regelmäßig ausgeübt wird, sonst sind die Ergebnisse nicht zuverlässig zu erzielen.

Bekannte Werke von Dinah Rodrigues:

  • Hormon-Yoga-Therapie, eine natürliche Technik für Frauen
  • Weitere Infos auf ihrer Website

Empfehlung aus unserem Kursprogramm:

Unser Kurs „Yoga sanft“ werden von Heike Molitor unterrichtet, die die Hormon-Yoga-Ausbildung gemacht hat.

Fazit

Frauen im Yoga waren nicht immer hoch angesehen. Die Zeiten haben sich glücklicherweise geändert und Yoga kann seinen Beitrag zur Gleichberechtigung leisten. Nicht nur den drei Pionierinnen haben wir es zu verdanken, sondern all den Frauen, die täglich auf der Matte stehen, die als Lehrerinnen arbeiten, diejenigen, die Yoga nutzen, um ihrem eigentlichen Selbst näher zu kommen und die Menschheit mit Respekt und Zuwendung behandeln möchten. Und allen Männern, die das selbe tun.

In diesem Sinne wünschen wir einen

FROHEN FRAUENTAG 2018!